
„Bachs Höhepunkte“ | Kreuzchorvesper am 8. März 2025
12. März 2025
„Nach der etwas längeren Ferienpause kehrte der Kreuzchor mit zwei der berühmtesten Werke Johann Sebastian Bachs in die Kreuzkirche zurück. Das Programm enthielt die Motette „Jesu, meine Freude“ (BWV 227) und die Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 12). Am Beginn der Vesper am Sonnabend stand mit dem „Introitus zum Sonntag Invocavit“ von Jan Arvid Prée aber eine weitere Uraufführung.
Kreuzchorvesper am 8. März 2025
Das neue Werk greift Verse aus dem 91. Psalm auf, der sich mit dem Schutz des Menschen durch Gott, mit dem Vertrauen darin auseinandersetzt. In den beiden Teilchören (wie mittlerweile gewohnt der erste kleiner als der zweite) wurde dies musikalisch ausgeleuchtet. Durch den Wechsel entstand ein Effekt des beständigen Hinterfragens und Bekräftigens, der Beteiligung. Nach oben gerichtete Melodiestücke sorgten ebenso für eine positive Stimmung, wie das immer neue Hinterfragen bis hin zum in der Wiederholung gestuften „Amen“ die innere Beteiligung einzufordern schien.
Prées quasi offen endender Introitus öffnete damit ebenso die Vesper, Bachs „Jesu, meine Freude“ stattete sie sogleich mit Bestimmtheit und Zuversicht aus – nicht nur inhaltlich eine gelungene Wendung, sondern auch musikalisch und harmonisch. Kreuzkantor Martin Lehmann hatte die Einleitung erneut seinem Chordirigenten Sebastian Herrmann überlassen, für Bachs lange Motette übernahm er nun die Leitung. Der Kreuzchor konnte hier nicht nur die Vielfalt der Gestaltung in den Strophen durch Stimmbesetzung ausmalen, sondern mit affektiver Gestaltung, beginnend mit der „Freude“ des ersten Verses, eine emotionale Brücke zwischen Chor und Gemeinde schlagen. Nach dem a cappella vorgetragenen Introitus wurde der Kreuzchor nun vom Dresdner Barockorchester begleitet, dessen Violinen Lehmann leicht forciert wie weitere Singstimmen hinzutreten ließ – noch ein willkommener Effekt.
Mit zwei der bekanntesten Werke Johann Sebastian Bachs startete der Kreuzchor in die Passionszeit.
Der Kreuzchor präsentierte sich nach den Ferien unvermindert stark in Darstellung und Textverständlichkeit. Die vielen, fast einem Pasticcio gleichenden Versatzstücke der Strophen wurden kontrastreich herausgearbeitet, wobei nicht nur die Betonung der Stärke im Fokus stand. Das „Trotz dem alten Drachen“ hatte also gleichviel Gewicht wie Fuge „Ihr aber seid nicht fleischlich“ oder das sanfte „Gute Nacht“.
Der Übergang zur Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ schien im Vergleich zum Beginn weniger sinnig. Spätestens, als die Trompete den Choral „Jesu meine Freude“ in der Tenorarie spielte, war der Zusammenhang jedoch hergestellt.
Mit den Musikhochschulstudenten Anna Maria Tietze (Alt) und Oliver Chubb (Tenor) waren zwei junge Solisten zu erleben, die vor allem mit Gestaltungssinn überzeugten. Beide Male gelang das nahe oder ferne Duett mit der Oboe (Altarie „Kreuz und Kronen sind verbunden) beziehungsweise der im Hintergrund „kommentierenden“ Trompete außerordentlich schön.
Beide Solisten stehen trotz bereits vieler Erfahrung mit diesen Rollen noch am Anfang eines Weges, zu dem auch das Sich-erproben gehört. Martin Lehmann unterstützte und bestärkte sie darin zugewandt. Den großen Raum der Kreuzkirche bis in die hintersten Bankreihen mit Klang zu „füllen“, ist eine Herausforderung, die man bedacht angehen muss. Dass hier der Gestaltung gegenüber einem zu schnellen Forcieren die größere Bedeutung zugeschrieben war, ist anzuerkennen.
So hatte die Vesper trotz des leichten „Dämpfens“ in der Passionszeit einiges an musikalischer Strahlkraft. Pfarrer Holger Milkau hatte das „Weinen, Klagen …“-Motiv aufgegriffen, um von den „klebrigen Tönen“ zum Gefühl, auf dem Fleck zu stehen und nicht vorwärtszukommen, überzuleiten.
Für das Ende der Vesper hatte Sebastian Herrmann Antonio Lottis Motette „Crucifixus“ (Kreuzigung) vorbereitet, die, zunächst mit Männerstimmen und Violoncelli, aus der Tiefe aufzusteigen schien. Ein verblüffendes, großartiges Kleinod.“
Wolfram Quellmalz | 11.03.2025 | DNN Kultur | „Bachs Höhepunkte“
