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Die Heilige Nacht | Christmette des Dresdner Kreuzchores 2023


28. Dezember 2023

„Christmette des Dresdner Kreuzchores – Der Begriff »Weihnacht« weißt bereits darauf hin: es war nicht der Tag, auch wenn bereits im vierten Jahrhundert der 25. Dezember für das Fest Natalis, nativitas Domini festgelegt wurde, es war die Weihnacht, in der etwas Besonderes geschah. Vespern am späten Heiligabend und Metten am Beginn des Weihnachtstages geben diesem Fest einen Rahmen, inhaltlich, sinnlich und liturgisch.

Die Christvespern und -metten des Dresdner Kreuzchores markieren nicht nur einen besonderen Tag im Kalender, sie stehen gleichzeitig für eine lebendige Tradition – beide laufen in der durch Rudolf Mauersberger (Kreuzkantor von 1930 bis 1971) festgeschriebenen Weise ab (RMWV 73). Dennoch ist die musikalische Fassung nicht so festgeschrieben, daß keine Entwicklung oder Variation möglich wäre. Das Mettenspiel der Christmette folgt Joachim Schöne, die Regie (oder »Morgenspielleitung«) oblag dem Musikwissenschaftler Dr. Kornél Magvas.

Was so ernsthaft, konkret und bis ins Detail genau vorbereitet wird, vollzog sich auch an diesem Morgen des Christtages wieder auf ebenso erstaunenswerte wie berührende Art und Weise. Für die augenblickliche Form des Kreuzchores sprach nicht zuletzt, daß Kreuzkantor Martin Lehmann fast aus dem Hintergrund agierte – sein genaues Ohr und Auge, seinen richtenden Fingerzeig mußte dennoch niemand missen, der Ablauf schien gesichert. Und doch agierte im Altarraum vor allem Kruzianer Anton Matthes, der nicht nur punktuell, sondern während der gesamten Mette die Kurrende als ein zentrales Herzstück des musikalischen Wirkens leitete. Und das mit größter Übersicht und Sicherheit!

Christmette des Dresdner Kreuzchores

Ja, ein sinnliches Erlebnis war sie nicht zuletzt, diese Christnacht, deren pastoraler und festlicher Charakter so wunderbar von den Musikern der Dresdner Philharmonie und von Kreuzorganist Holger Gehring unterstützt wurden. So begann der Verlauf der Lieder mit Rudolf Mauersbergers Introitus, schloß viele Hirtenmelodien ein, verweilte bei Michael Praetorius (In natali domini) und enthielt selbstverständlich »Vom Himmel hoch« ebenso wie »Stille Nacht« – wer die Christmette öfter, regelmäßig oder gar jedes Jahr besucht, hat vielleicht ein Lied, das ihn besonders anrührt. War es in diesem Jahr »Oh Jesulein süß« mit Simeon Anwand (Maria) oder »Joseph, lieber Joseph Mein« mit Simeon Anwand und Michael Stedtler (Joseph)?

Dabei darf man im Mettenspiel hier und da durchaus schmunzeln – ein Spiel eben, das nicht zuletzt den Geist des Kreuzchores oder die Art, mit dem Sujet umzugehen, zeigt. Das schließt bei aller heiteren, manchmal ein wenig naiven Annäherung eine große Ernsthaftigkeit ein. Selbst die Effekte waren fein und ausgewogen gewählt – vom aufglimmen der Weihnachtslichter in der Kreuzkirche bis zum Echo des Chores oder dem im Hintergrund des Treppenhauses singenden Hirtenchor, der aus der zu klingen schien.

Das frühe Aufstehen wurde belohnt – wann kommt man dem Kreuzchor und seinem charakteristischsten Wirken, seiner wichtigsten Botschaft schon so nahe? Die Müdigkeit war schnell vertrieben, Glockengeläut und Morgendämmerung entließen die Gemeinde in den vielleicht festlichsten Tag des Jahres …“

26. Dezember 2023, Wolfram Quellmalz, Neue Musikalische Blätter

Bilder aus den Christvespern 2023

Christvesper, Christmette, Dresdner Kreuzchor
(c) Kreuzkirche Dresden