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Der Morgenstern ist aufgegangen – Kreuzchorvesper zum Epiphaniasfest


9. Januar 2024

Kreuzchorvesper zum Epiphaniasfest: „Es versprach (und verspricht weiterhin) zwei nur scheinbar gleiche (oder ähnliche), ganz besondere Erlebnisse: die Aufführung einzelner Kantaten aus dem Weihnachtsoratorium in der Vesper und im Gottesdienst und nachfolgend die geschlossene Darbietung der Kantaten IV bis VI im Konzert am kommenden Sonnabend. Nicht nur die Solisten und die Orchesteraufstellung unterscheiden sich dabei, sondern auch die Zusammenstellung des Programms und der Zusammenhang.

Der vergangene Sonnabend fiel zudem – als kalendarische Besonderheit – auf Epiphanias. Daher stand das Vesperprogramm ganz besonders im Zeichen dieses Feiertags. Statt der übergeordneten Klammer des Weihnachtsoratoriums als Gesamtwerk sorgte der Hymnus »Wie schön leuchtet der Morgenstern« für einen zentralen Inhalt wie für den Rahmen. Schon beim Einzug des Kreuzchores improvisierte Kreuzorganist Holger Gehring über das Thema.

Kreuzchorvesper zum Epiphaniasfest

Im Vorjahr hatte es direkt vor oder nach Epiphanias keine Vesper in der Kreuzkirche gegeben (statt dessen fand die Aufführung des zweiten Teils des Weihnachtsoratoriums statt), somit existierte noch kein neuer Introitus in der von Kreuzkantor Martin Lehmann angeregten Reihe. Agnes Ponizil, die seit diesem Schuljahr die Stücke für den Kreuzchor schreibt, hatte seit Schuljahresbeginn (Trinitatiszeit und Ende des Kirchenjahres) viele auf das Wort bedachte, den Intellekt ansprechende Introitus geschrieben. Mit der Uraufführung jetzt zeigte sie eine Klangsprache, die sinnlicher ist, mit noch stärkeren Reflexen zwischen den Teilchören, und ein pastorales Kleid trägt. Der Art, Gedanken zu lenken, Worte zu fokussieren (»König«), blieb sie treu. Die Steigerung am Ende des Introitus wirkte wie ein positives Licht – vielleicht für die Erwartungen und Hoffnungen im neuen Jahr.

Die Heiligen drei Könige (oder Weisen) bestimmten auch in den folgenden Stücken. Zunächst sorgte die mittlerweile gewohnte besondere Hinwendung an ukrainische Werke für eine (wieder) positive Entdeckung: die Motette »Na Jordans’kij ričci« (Im stillen Wasser des Jordan, nach einem Volkslied im Satz von Kyrilo Stecenko) gewann durch ihre Eingängigkeit und den weihnachtlichen Charakter.

Die sechste Kantate »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben« aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium wurde vom Philharmonischen Kammerorchester begleitet (am kommenden Sonnabend dürfte die Besetzung, dann mit den Kruzianern auf den Stufen der Chorrampe, insgesamt etwas größer werden). Tenor Alexander Schafft, der abends gleich noch ein »WO« zu singen hatte, war kurzfristig eingesprungen, nahm den Einsatz aber ernst und nicht als »Vorabprogramm«, was es ihm gestattete, die Erzählung des Evangelisten (»Und Gott befahl ihnen im Traum«) und das folgende Rezitativ (»So geht!«) spürbar unterschiedlich zu gestalten. Darin, im Gestalten, fand auch Heidi Maria Taubert (Sopran) einen Schlüssel, als sie Herodes entlarvte (»Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen«).

Dem Kreuzchor gehörte nicht nur die größte Aufmerksamkeit des Publikums, sondern neben Anfangschor und der Choral am Schluß an zentraler Stelle »Ich steh an deiner Krippen hier«. Erneut a cappella gesungen, ging die Musik unter die Haut! Wie anders wird es in sechs Tagen werden? Diesmal war der Choral eine Schlüsselstelle der Vesper!

Superintendent Christian Behr nahm in seinem Wort zum Sonntag die Bedeutung des Morgensterns und des Lichtes auf, mit dem Gemeindegesang (EG 70 »Wie schön leuchtet der Morgenstern«) und Dieterich Buxtehudes Choralfantasie »Wie schön leuchtet der Morgenstern« (BuxWV 223, Holger Gehring an der Jehmlich-Orgel) konnte das wunderschöne Thema schwebend verharren, sich in den Köpfen festsetzen.

Man hätte das Jahr kaum schöner beginnen können als mit einem Programm, das eben Kopf UND Herz erreicht. Dem wurde sozusagen noch eine kleine Krone aufgesetzt, denn Peter Cornelius‘ Weihnachtslied »Die Könige«, vorgetragen von Kruzianer Morten Graßau (Bariton), den eine Kurrende aus Kruzianern mit dem Choral begleitete (Satz: Hans Georg Pflüger), berührte an diesem Abend sicher am meisten. Hut ab vor dieser solistischen Leistung!

Das der Kreuzchor derzeit nicht nur gut klingt, sondern organisch zu atmen weiß, sein Repertoire belebt, zeigte am Ende außerdem »We Three Kings« von John Henry Hopkins Jr. (Satz: Ralph Allwood), das in Soli und Stimmen zu wandern schien – was für ein hoffnungsfroher Beginn!“

8. Januar 2024 | Wolfram Quellmalz | Der Morgenstern ist aufgegangen | NMB

Dresdner Kreuzchor - Kreuzchorvesper